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Department of Comparative Language Science

Presentation by Martin Meyer at the Psychiatrisches Kolloquium: «Jenseits von Broca und Wernicke. Neue Erkenntnisse zur funktionellen Neuroanatomie der Sprache»

Zwanzig Jahre nach der Etablierung bildgebender Verfahren in der Erforschung des Zusammenhangs von Sprache und Gehirn ist die Wissenschaft an einem markanten Wendepunkt angelangt. Zum einen zwingt uns eine erdrückende Fülle von Befunden, die Vorstellung von der Existenz distinkter Sprachzentren („Broca“- und „Wernicke“- Zentrum) endgültig aufzugeben (Tremblay & Dick, 2016; DeWitt & Rauschecker, 2013; Mesulam et al., 2015). Stattdessen hat sich gezeigt, dass laut- und schriftsprachliche Funktionen in weit distribuierten Netzwerken im Gehirn organisiert sind, welche primär in den operkularen Regionen entlang der Sylvischen Fissur angesiedelt sind (Friederici, 2011). Nicht nur die linke, sondern auch die rechte Hemisphäre ist ein entscheidender Teil dieses Netzwerks im Gehirn erwachsener Sprecher (Vigneau et al., 2011). Somit ist die Frage, wo im Gehirn Sprache verarbeitet wird, zum überwiegenden Teil beantwortet. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Forschung sich zukünftig intensiv mit der Fragestellung auseinandersetzen muss, wie das Gehirn sprachliche Informationen verarbeitet, um zu einem bedeutsamen Verständnis sprachlicher Äusserungen zu kommen (Poeppel, 2012). Untersuchungen aus den letzten Jahren veranschaulichen bereits, auf welche Weise das Gehirn linguistisch relevante Informationen im akustischen Sprachsignal erkennt und diese verarbeitet (Doelling et al., 2014; Meyer, 2018; Wöstmann et al., 2017; Zoefel & VanRullen, 2016). Ebenso liefern diese innovativen Ansätze neue Erklärungsmodelle für die Neuropsychologie der Lese- und Rechtschreibstörung (Goswami, 2015) des Spracherwerbs während früher Reifungsphasen des Gehirns (Mariani et al., 2023), sowie für den Erhalt und die Reorganisation von Sprachfunktionen unter dem Einfluss von altersbedingter Atrophie (Keller et al., 2019).

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